Kaum eine Emotion ist in der Lage einen Menschen so zu lähmen, ihn alles infrage stellen und überdenken zu lassen, wie tiefe Trauer. Trauer ist eine komplexe emotionale Reaktion auf den Verlust eines dem Menschen nahestehenden Lebewesens, sei es ein Mensch oder ein Tier. Sie kann sich auf verschiedene Weisen manifestieren, von tiefer Traurigkeit, Leere, Wehmut über Wut, Schuldgefühle oder sogar körperlichen Beschwerden bespielt die Trauer die gesamte Klaviatur des menschlichen Empfindungsvermögens.
Trauer ist eine natürliche Reaktion und spielt eine unverzichtbare Rolle im Heilungsprozess. Sie unterstützt einen Menschen dabei, einen Verlust zu akzeptieren, anzunehmen und sich anzupassen.
Besonders wichtig ist es zu verstehen, dass es keine feste Zeitlinie für den Trauerprozess gibt, da er von Person zu Person unterschiedlich ist. Man darf einen Trauernden nicht durch die Phasen Trauerphasen drängen, sondern muss ihm die Zeit geben, die er braucht. Gleichzeitig muss man ihn sehr wohl dabei unterstützen, seine Trauer schneller zu überwinden und zu seiner Lebensfreude zurückzufinden.
Die ersten Stunden und Tage sind geprägt von beinahe absoluter Hilflosigkeit. Gerade, wenn es sich um einen unerwarteten Todesfall gehandelt hat, haben Betroffene für nichts einen Kopf. Nicht selten gehen damit auch körperliche Erscheinungen einher: starkes Schwitzen, hoher Puls, sogar Erbrechen.
In dieser Phase kann man oft nur begrenzt helfen. Was gar nichts bringt: Versuchen, den Kummer auszureden. Wie kann man dann helfen? Am besten ist es, wenn man tägliche Aufgaben wie Einkaufen oder Haushalt übernehmen kann. Auch sollte man betroffene Personen möglichst nicht alleine lassen.
Die Faustformel dabei: im Hintergrund immer da sein. Es ist aber essenziell, dass die Person ihre Trauer ausdrücken kann.
In diesem Stadium brechen alle Dämme. Rohe, ungefilterte Emotionen sind an der Tagesordnung. Während die erste Phase von einer tauben Apathie geprägt ist, schreien betroffene Personen in dieser Phase ihren Schmerz und ihre Wut in die Welt hinaus. Selbstverständlich kann das genaue Ausmaß je nach Persönlichkeit stark variieren, ganz grob sollte aber mit mehr Lautstärke gerechnet werden. Trauernde stellen sich Fragen wie “Warum ich? Warum jetzt? Warum, warum, warum?”
Auch hier gilt: Bloß nicht versuchen, selbst die Antworten zu geben. Man sollte verständnisvoll reagieren und die Gefühlsausbrüche zulassen, da sie heilend wirken können. Wie bei der ersten Phase ist hier nur Zuhören angesagt, aber nicht selbst weiterhelfen wollen und schon gar nicht werten. Die Personen sind von ihren Gefühlen überwältigt – man sollte sich das stets vor Augen halten, bevor man über sie urteilt.
Nachdem die ersten beiden Phasen davon gekennzeichnet waren, dass die Personen vor lauter Emotionen nicht mehr richtig funktioniert haben, versuchen sie nunmehr, die verlorene Person in allem und jedem zu sehen. Sie sammeln alles, was dem Verstorbenen gehört hat. Sie sehen sein Gesicht überall. Sie schwelgen in Erinnerungen.
Die gute Nachricht: Man kann jetzt anfangen, mit den Personen zu reden. Denn sie befinden sich ohnehin in einem inneren Zweikampf zwischen Festhalten und Loslassen. Dabei kann man sie auch von außen unterstützen. Natürlich ist auch weiterhin Zuhören das oberste Gebot, aber man kann jetzt auch selber Vergangenes ansprechen. Trotzdem sollte man weiterhin sehr verständnisvoll sein und auch Geduld haben. Es kann gut sein, dass wieder und wieder dieselben Geschichten erzählt werden. Es ist sogar möglich, dass eine Fantasiegeschichte angeboten wird, in der der Verstorbene noch lebt. Diesen Geschichten muss man nicht folgen, aber man sollte sie auch nicht eiskalt vom Tisch kehren. Es geht langsam voran.
Ganz wichtig: Während dieser Zeit kann es zu Suizidgedanken kommen. Wenn man solche Tendenzen erkennt, sollte man die Person auf keinen Fall alleine lassen! Es muss immer jemand in der Nähe sein.
Der Trauerprozess kostet die Trauernden große Kraft. Nicht nur emotional, sondern auch physisch. Während der ersten drei besonders anstrengenden Phasen der Trauer laugen Trauernde nicht selten vollkommen aus. Werden kraftlos. Doch bei aller Belastung gibt es einen Lichtblick: Während zunächst die Kraft der Trauernden immer weiter sinkt, kommt früher oder später der Punkt, an dem allmählich Ruhe und Frieden in der Person einkehren.
Man hat sich lange genug mit dem Verlust des geliebten Menschen auseinandergesetzt. Die Situation von allen möglichen Seiten und aus allen möglichen Perspektiven durchdacht. Nun folgt nicht nur die Phase der Akzeptanz, sondern auch eine Phase, in der Trauernde neuen Mut fassen. Dies ist keine Phase, des Vergessens oder Verdrängens. Vielmehr kommt – und das ist eine große Stärke des menschlichen Wesens – die Freude am Leben zurück. Der Verstorbene hat nun seinen Platz in der Seele des Trauernden gefunden. Doch zieht der Gedanke an den Verstorbenen den Menschen nun nicht mehr hinunter. Fortan überwiegt die Erinnerung an einen wunderbaren Menschen und eine kostbare Zeit.
Kinder sind kleine Menschen. Das bedeutet allerdings nicht, dass ihre Fähigkeit zu trauern ebenfalls kleiner ist als die von Erwachsenen. Häufig jedoch wird die Trauerfähigkeit von Kindern unterschätzt, da sie im Vergleich zu Erwachsenen verhältnismäßig schnell wieder anfangen sich zu verhalten, als sei nichts passiert.
Die Trauerphasen bei Kindern unterscheiden sich nicht wesentlich von denen bei Erwachsenen. Jedoch folgen sie abrupter aufeinander und werden häufig durch unbeschwerte Phasen unterbrochen.
Dieses Verhalten ist damit zu erklären, dass der Tod besonders für junge Kinder etwas sehr Abstraktes ist. Sie begreifen ihn nicht als etwas Endgültiges und können ihn nicht fassen. Umso wichtiger ist es, dass man auch mit Kindern über den Tod spricht und ihnen hilft zu verstehen, was der Tod eines Menschen bedeutet. Selbstverständlich ist es unerlässlich, dabei auf das Alter und Auffassungsvermögen des Kindes Rücksicht zu nehmen. Hier ist großes Fingerspitzengefühl gefragt, um die Situation für das Kind nicht noch zu verschlimmern.
Auf gar keinen Fall sollte man als Elternteil seine Trauer vor dem Kind jedoch verstecken. Kinder merken, dass etwas anders ist, dass jemand fehlt und brauchen Vorbild, wie sie mit der Situation umzugehen haben.
Wichtig ist es einem Kind zu zeigen, dass es in Ordnung und natürlich ist zu trauern.
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